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 Fragen, Anregungen allgemein
Sandra (Nino) Offline

Mooshofgrufti

Beiträge: 224

02.09.2009 22:37
Artikel Fruktangehalt in Gräsern - Hufrehe Antworten

Bis weit in die Achtzigerjahre vermutete man als Auslöser für eine Hufrehe vorrangig eiweiss- und stärkehaltige Futtermittel. Insbesondere durch Forschungsergebnisse aus Australien und den USA weiss man inzwischen eindeutig, dass in erster Linie ein gewisser Fruchtzucker schuld an dieser für das Pferd verheerenden Erkrankung ist.

Dr. Birgit van Damsen
Man rätselte lange herum, warum Pferde Grasrehe bekamen, die auf Weiden unterschiedlichen Aufwuchses gehalten wurden. Jetzt scheint man den Grund herausgefunden zu haben: der hohe Anteil des Frucht- beziehungsweise Mehrfachzuckers Fruktan im Gras zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten.

Was ist Fruktan?
Fruktan ist ein wasserlösliches Zuckermolekül und zählt zu den Kohlenhydraten. Grundelement ist Fruchtzucker (Fructose), der sich zu langen, kettenförmigen Molekülen verknüpft (Polysaccharid/Mehrfachzucker). Fruktan wird vom Gras gespeichert, wenn ein Überschuss an Energie vorhanden ist. Dies ist besonders der Fall, wenn viel Sonnenlicht auf das Gras einwirkt, gleichzeitig aber die nötige Wärme fehlt, die für das Wachstum wichtig ist. In diesem Fall speichert die Graspflanze vermehrt Fruktan, besonders in der Wurzel und den Stängeln, weniger in den Blättern. Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn im Frühjahr oder Spätherbst die Sonne scheint, die Temperatur tagsüber aber nicht über 6 °Celsius steigt. Fruktan dient in Pflanzen neben anderen Funktionen (z.B. Frostschutz) also als kurzfristiger Energiezwischenspeicher. Die Gräser speichern aber auch vermehrt Fruktan, wenn sie unter «Stress» stehen, also von den Pferden ständig abgefressen und kurz gehalten werden oder wenn man sie für die Heuernte beziehungsweise Weidepflege regelmässig abmäht. Der Fruktangehalt sinkt, wenn die Pflanze ungehindert wachsen kann und die gespeicherte Energie dafür verbraucht. In einigen Gräsersorten, die die Grundlage für Grassilagen und «hochwertiges» Heu bilden, wie beispielsweise das häufig vorkommende Weidelgras, ist der Anteil von Fruktan besonders hoch.

Was bewirkt Fruktan?
Höhere Mengen von Fruktan (sowie auch sehr stärkehaltige Futtermittel) werden im Gegensatz zu Einfach- und Zweifachzuckern (Milchzucker, Saccharose) im Magen und Dünndarm des Pferdes nicht ausreichend umgewandelt und gelangen in den Dickdarm. Dieser ist jedoch für die Verarbeitung einer solchen Menge nicht «ausgerüstet» und entwickelt übermässig viele unerwünschte und säurebildende Bakterien. Das führt zu einer Übersäuerung des Darmklimas und damit zu einem hohen Absterben von (anderen) Nutzbakterien. Beim Tod dieser Bakterien werden dann in den Zellwänden befindliche Giftstoffe freigesetzt (die normalerweise verkapselt sind) und dringen durch die Darmwand in den Blutkreislauf. Nach 40 bis 48 Stunden im Huf angekommen lösen sie eine verhängnisvolle Reaktion aus. Es entstehen grosse Mengen feinster Blutgerinnsel, die sich bevorzugt in den Blutgefässen der Huflederhaut festsetzen, was zu Mangeldurchblutungen führt.

In welchen Futtermitteln ist Fruktan enthalten?
Fruktan wird vor allem im Gras gespeichert und zwar vermehrt im Deutschen und Welschen Weidelgras, mittelmässig im Knaulgras und weniger im Wiesenlieschgras, Wiesenschwingel und der Wiesenrispe, wobei älteres, überständiges Gras weniger Fruktan aufweist als junges Gras im Aufwuchs. Eine Deutschland-Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen von 2002 hat erhebliche jahreszeitliche Schwankungen des Gehalts an Fruktan in Weidegräsern festgestellt. Es ergab sich ein sehr hoher Fruktangehalt der Gräser im Mai, Oktober und November (42 bis 67 Gramm pro kg Trockensubstanz) sowie ein geringerer Gehalt von Juni bis September (15 bis 20 Gramm pro kg Trockensubstanz).
Bisher ging man davon aus, dass Fruktan ausschliesslich über frisches Gras in das Pferd gelangt. Neueste Untersuchungen von 15 Heusorten des «Grasforschungsinstituts Rocky Mountain Research and Consulting in Colorado (Kathryn Watts)» in den USA ergaben, dass neben den und vom Pferd ohne weiteres gut zu verdauenden Einfach- und Zweifachzuckern im Heu auch hohe Anteile von Fruktan vorhanden sind (Info im Internet (USA): http://www.thehorse.com). Dabei betrüge der Anteil des Fruktans von einigen Heusorten fast 80 Prozent der frischen Struktur. Kathryn Watts fand bei ihren Untersuchungen heraus, dass durch vorheriges Wässern (besonders warmes/heisses Wasser) fast alle Zuckermoleküle aus dem Heu herausgewaschen werden können, besonders der sehr wasserlösliche Mehrfachzucker Fruktan. Als einen weiteren positiven Nebeneffekt des Auswaschens von Heu erklärt Frau Watts, dass gleichzeitig schädigende Anteile von Staub, Schmutz, Schimmelpilzsporen und Allergie auslösenden Blütenpollen aus dem Heu durch das Wasser verschwinden. Das Heu sollte allerdings mindestens dreissig Minuten im heissen/warmen Wasser verbleiben.

Welche Pferde sind von der Futterrehe besonders bedroht? Prinzipiell können alle Pferde von der Futterrehe betroffen werden, besonders aber leichtfuttrige Pferde wie Nordpferde, Araber, Ponys, Esel, die unbegrenzten oder unkontrollierten Weidegang haben. Auch die Art und Weise, wie gewisse Umstände auf das betroffene Pferd in bestimmter Form einwirken, lassen ein erhöhtes Risiko vermuten: Die Aufnahme grosser Mengen (stärke- und) fruktanhaltiger Futtermittel bei einem ohnehin zu dicken Pferd mit wenig Bewegung und schlechten Hufen begünstigt eine Futterrehe. Kommen dann noch verstärkende Faktoren wie beispielsweise Stress, psychische Belastungen oder eine Kolik dazu, kann die Krankheit ausbrechen. Bei einem schlanken Pferd mit kontinuierlicher Bewegung und guten Hufen kann dieselbe Futtermenge hingegen möglicherweise keinen Schaden anrichten. Auch laktierende Stuten sowie Jungpferde im Wachstum scheinen weniger gefährdet zu sein, weil hier überschüssige Energie in Milch beziehungsweise Wuchs fliesst. Der landläufigen Ansicht, tragende Stuten könnten keine Futterrehe erleiden, muss jedoch entgegengesetzt werden, dass auch diese betroffen sein können. Eine Trächtigkeit schützt also grundsätzlich nicht vor einer drohenden Futterrehe, zumindest so lange das Fohlen im Mutterleib nicht massiv wächst (etwa ab Ende des 9. Trächtigkeitsmonats).

Fruktan als Rehe-Auslöser
Das Institut of Grasland and Environmental Research (IGER) in Wales wies nach, dass die Aufnahme von 7,5 Gramm Fruktan pro Kilogramm Lebendgewicht ausnahmslos binnen zwei Tagen zu Hufrehe führt. Was kann man gegen Fruktan tun beziehungsweise wie kann die Fruktanaufnahme eingeschränkt werden?

Weidepflege: Bei der Neu- bzw. Nachsaat sollten möglichst Saatgutmischungen von Gräsern verwendet werden, die wenig fruktanhaltig sind (z.B. Wiesenfuchsschwanz). Auch sollte man keinen Klee ansäen. Wildgräser besitzen den geringsten Fruktangehalt. Kräutermischungen sind ebenfalls zu empfehlen. Stickstoffdüngungen verringern den Anteil des Fruktans, weil Energie durch den Stickstoff «von außen» zugeführt wird und diese Energie von der Pflanze durch Umwandlung des Einfach- und Zweifachzuckers in Mehrfachzucker (=Fruktan) nicht selbst entwickelt werden muss. Die Düngung darf jedoch auf keinen Fall in zu grossen Mengen erfolgen (20 bis 40 kg pro Hektar je nach Nutzung).

Weidegang:
Nach kalten Nächten dürfen die Pferde nur frühmorgens und/oder abends auf die Weide, da die Fruktankonzentration tagsüber steigt und in der Mittagszeit bis etwa 16.00 Uhr am höchsten ist, wenn die Sonne scheint. Die Aufwuchshöhe des Grases sollte mindestens 10 Zentimeter betragen. Denn dann befinden sich mehr Blattanteile im Gras, also weniger Fruktan. Aus diesem Grund darf die Weide auch niemals ganz kurz abgefressen werden. Trockenes, hölzernes Gras (Mitte Juni bis September) ist am unbedenklichsten. Rehe gefährdete Pferde sollten ausserdem kontrolliert grasen, zum Beispiel durch die Einschränkung der Fresszeiten, dem Einsatz eines Fressmaulkorbs oder die Einrichtung von Portionsweiden.

Heuwerbung und Heufütterung
Grundsätzlich sollte man das Heu erst nach der Blüte (Ende Juni bis Mitte Juli) ernten, da dann die Fruktankonzentration am geringsten ist. Beim Heukauf sollte darauf geachtet werden, dass es sich möglichst um spät geerntetes Heu handelt. Grummet ist nicht geeignet. Vor dem Füttern sollte man das Heu ausgiebig in warmes Wasser legen, da hierdurch wasserlösliche Zuckerarten wie das Fruktan ausgewaschen werden.

Grundregeln zur Vermeidung von Hufrehe durch Fruktan:
- Fruktanhaltige Gräser vermeiden (Weidelgras u.a.)
- Weidezeiten am Tag beachten (früh morgens bis Vormittag und abends, nicht über Mittag!; Weidegang bei sonnigen, kühlen (< 6 °C) Tagen vermeiden)
- Im Mai und Oktober/November ist beim Weidegang grösste Vorsicht geboten!
- Heu wässern (am besten warm und mind. 30 Minuten, jedes Mal neues Wasser verwenden)



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